Warum ich Konzerte in dunklen Sälen besonders liebe — und warum sie fotografisch anspruchsvoll sind

Als Kulturjournalistin und leidenschaftliche Konzertgängerin entlang der Ruhr habe ich unzählige Abende in schummrigen Clubs, kleinen Theaterhallen und großen Industriehallen verbracht. Die Stimmung dort ist oft magisch: konzentriertes Publikum, dramatische Scheinwerfer, Musiker, die in ihrem Element sind. Fotografisch stellt das allerdings eine Herausforderung dar: wenig Licht, starke Kontraste, wechselnde Farbfilter und viel Bewegung. In diesem Beitrag teile ich meine erprobten Tricks — technisch und praktisch — damit deine Konzertfotos in dunklen Sälen besser wirken und die Atmosphäre einfangen, ohne die Künstler oder das Publikum zu stören.

Grundprinzipien, die immer helfen

Bevor ich in die Details gehe, ein paar Grundsätze, die ich mir angewöhnt habe:

  • Bequemlichkeit vor Experiment: Kenne deine Kamera gut, damit du im entscheidenden Moment nicht herumdrückst.
  • Respekt: Fotografiere diskret, ohne Blitz (außer es ist erlaubt) und stärke den Flow der Show statt ihn zu unterbrechen.
  • RAW schießen: Gerade bei schwierigen Lichtverhältnissen ist RAW unverzichtbar — mehr Spielraum in der Nachbearbeitung.
  • Technische Einstellungs-Tipps

    Für mich gibt es drei Stellschrauben, die den größten Unterschied machen: Blende, Verschlusszeit und ISO. Ich nenne sie gern das magische Dreieck.

  • Blende: Weit offen, so weit es das Objektiv erlaubt (z. B. f/1.4–f/2.8). Das lässt mehr Licht rein und trennt den Künstler vom Hintergrund.
  • Verschlusszeit: Für stehende Musiker reicht oft 1/125–1/200 s. Bei viel Bewegung (Tanz, Headbanging) nehme ich 1/250 s oder schneller, sonst verwische ich absichtlich für Dynamik.
  • ISO: In dunklen Sälen gehe ich hoch — oft ISO 3200–12800. Moderne Vollformat-Kameras wie die Sony A7S III oder die Canon EOS R6 liefern dabei noch brauchbare Ergebnisse.
  • Ich arbeite häufig so: Blende maximal offen, Verschlusszeit je nach Action, ISO so niedrig wie möglich, aber so hoch wie nötig, um die Belichtung zu bekommen. Automatische ISO mit einer Maximalgrenze ist für Live-Situationen sehr praktisch.

    Objektivwahl: Welche Linsen lohnen sich?

    Meine persönlichen Favoriten für die Ruhr-Clubszene:

  • Festbrennweiten 35mm oder 50mm f/1.4 — ideal für Nähe, natürliches Bokeh und wenig Licht.
  • 85mm f/1.8 — für Porträts und Details auf der Bühne.
  • 24-70mm f/2.8 — vielseitig, wenn du zwischen Bühne und Backstage wechseln musst.
  • 70-200mm f/2.8 — wenn du weit weg stehst, liefert sie druckvolle, isolierte Aufnahmen.
  • Wenn möglich, bevorzuge ich lichtstarke Objektive über Zooms mit schwächeren Maximalblenden — das bringt mehr Spielraum bei wenig Licht.

    Fokusstrategien und Serienbilder

    Konzerte sind dynamisch. Ich nutze gern:

  • AF-C / Continuous AF mit Gesichtserkennung oder Augen-AF (bei Sony, Canon, Nikon sehr zuverlässig).
  • Einzelschuss vs. Serienbild: Bei Höhepunkten schieße ich in Serien, um den perfekten Moment zu erwischen. Später sortiere ich selektiv aus.
  • Stabilität und Handhabung

    Bei hohen ISO sind Verwacklungen weniger problematisch, aber für längere Brennweiten oder kreative Langzeitbelichtungen:

  • Monopod — leicht, schnell einsetzbar und stabiler als nur Hand.
  • Bildstabilisator (IBIS oder Objektiv-IS) — eine der besten Investitionen für Konzertfotografie.
  • Umgang mit schwierigen Lichtbedingungen

    Starke Scheinwerfer und bunte LED-Farben können die Belichtung durcheinander bringen. Das hilft mir:

  • Spotmessung/mittenbetonte Messung — für korrekt belichtete Gesichter trotz Rückenlicht.
  • Manueller Weißabgleich — als Basis, aber meistens korrigiere ich in RAW, weil Scheinwerfer schnell wechseln.
  • Belichtungskorrektur — bei Scheinwerferlicht oft -0,3 bis -1 EV, damit Highlights nicht ausbrennen.
  • Praktische Verhaltensregeln bei Konzerten

    Einige Verhaltensweisen habe ich mir bewusst angewöhnt, weil sie respektvoll sind und bessere Bilder liefern:

  • Kein Blitz, außer es ist ausdrücklich erlaubt — Blitze stören Musiker und Publikum.
  • Weniger ist mehr — lieber wenige, sorgfältig komponierte Bilder als tonnenweise unscharfe Shots.
  • Legalität und Pressefreigaben — bei größeren Festivals gibt es oft Fotoakkreditierungen; frag vorher nach den Regeln.
  • Nachbearbeitung: Das Geheimnis guter Konzertfotos

    Meine Bildbearbeitung ist eher zurückhaltend. Wichtige Schritte:

  • Rauschminderung in Lightroom/Photoshop oder mit spezialisierten Tools wie Topaz DeNoise AI — damit die Details erhalten bleiben.
  • Belichtung und Kontrast — Bringe die Mitteltöne zurück, rette Highlights und hebe die Augen hervor.
  • Farbkorrektur — Sättigung selektiv anpassen, damit Hauttöne natürlich bleiben.
  • Schärfen — punktuell, besonders bei Gesichtern und Instrumenten.
  • Tabelle: Orientierung für Einstellungen in typischen Situationen

    Situation Blende Verschlusszeit ISO (Richtwert) Kommentare
    Intimes Akustik-Set, wenig Licht f/1.4–f/2.0 1/80–1/125 s 1600–6400 Stativ/Monopod möglich, ruhige Momente nutzen
    Rock/Pop, viel Bewegung f/1.8–f/2.8 1/250–1/500 s 3200–12800 Schnelle Serien, AF-C
    Große Bühne mit starker Beleuchtung f/2.8–f/4 1/125–1/250 s 800–3200 Auf Scheinwerfer achten, Spotmessung

    Meine Lieblingsausrüstung (keine vollständige Liste, nur was sich bei mir bewährt hat)

    Marken, die ich empfehle, weil sie sich live bewährt haben:

  • Sony A7S III — exzellent bei hohen ISO-Werten.
  • Canon EOS R6 — schneller AF, gute Low-Light-Performance.
  • Nikon Z6 II — solide Allrounderin.
  • Objektive: 35mm f/1.4, 50mm f/1.2–f/1.4, 85mm f/1.8, 24-70mm f/2.8, 70-200mm f/2.8.
  • Zusätzlich: leichter Monopod, Ersatzakku, große Karte (UHS-II oder CFexpress).
  • Tipps für die Ruhr-Region: lokal denken, lokal handeln

    In vielen Clubs und Kulturorten der Ruhrregion habe ich festgestellt: Lokale Veranstalter schätzen Fotografen, die vorbereitet und respektvoll sind. Frag vorher nach, biete an, Bilder für die Social-Media-Kanäle zu liefern (kleine Auflösung zur direkten Nutzung), und verlinke die Veranstaltungsorte — das schafft Vertrauen und vielleicht sogar dauerhaft Akkreditierungen.

    Wenn du möchtest, kann ich bei Bedarf eine Checkliste für dein nächstes Konzertshooting zusammenstellen oder konkrete Einstellungen für dein Kameramodell durchgehen. Man lernt am besten live — also nimm deine Kamera mit, probiere aus und hab vor allem Spaß daran, die Stimmung der Ruhr-Konzerte einzufangen.