Als ich anfing, mich intensiver mit der freien Theaterszene im Ruhrgebiet zu beschäftigen, fiel mir schnell auf: Die Zusammenarbeit zwischen freien Gruppen und kommunalen Spielstätten ist vielschichtig, oft persönlich und keineswegs standardisiert. Hinter jeder Koproduktion, jeder Gastspielkooperation oder kurzen Residenz steckt ein Geflecht aus Vertrauen, Formalitäten und pragmatischen Lösungen. In diesem Beitrag möchte ich aus meiner Beobachter- und Gesprächsperspektive erklären, wie solche Kooperationen üblicherweise funktionieren, welche Stolpersteine es gibt und wie beides – freie Gruppen wie kommunale Häuser – voneinander profitieren können.
Wie kommen die ersten Kontakte zustande?
Die Wege sind vielfältig. Manche freie Ensembles haben bereits ein Netzwerk: Kolleginnen und Kollegen empfehlen, Gespräche entstehen auf Festivals (z. B. bei Spielstätten- und Netzwerk-Treffen), Fachkonferenzen oder über Vermittler wie Kulturämter. Andere möchten gezielt in eine bestimmte Stadt und schreiben die Spielstätte an. Häufiger als man denkt funktionieren auch informelle Kanäle: Ein Hausregisseur war auf einem Gastspiel, hat die Gruppe angesprochen, oder eine Technikleitung entdeckt eine Produktion bei einem Hinterhoffestival.
Worüber wird zuerst gesprochen?
Im ersten Austausch geht es meist um folgende Punkte:
Diese Punkte werden oft in einem informellen Telefonat oder E-Mail geklärt, bevor eine schriftliche Vereinbarung entsteht.
Formen der Zusammenarbeit
Es gibt mehrere gängige Modelle, die ich in unserer Region immer wieder beobachte:
Technik und Raum: die unsichtbaren Verhandlungsfelder
Technik ist ein häufiger Knackpunkt. Freie Produktionen reisen oft mit minimalem technischen Equipment; kommunale Häuser haben feste Standards. Entscheidend ist die frühe Klärung folgender Punkte:
Bei einer Koproduktion kann es sinnvoll sein, Technikkräfte beider Seiten zu kombinieren: Das schafft Know-how-Transfer und erspart spätere Überraschungen.
Finanzierung: Transparenz schafft Vertrauen
Ein offenes Gespräch über Geld ist unerlässlich. Ich höre oft die Sorge freier Gruppen, dass kommunale Häuser "alles vorgeben", während Häuser befürchten, allein das finanzielle Risiko zu tragen. Typische Modelle:
Wichtig ist, alle Kosten realistisch aufzuschlüsseln und mögliche Einnahmen (Ticketpreise, erwartete Auslastung) transparent zu diskutieren.
Rechte, Verträge und Formalitäten
Die vertragliche Absicherung reicht von einfachen Gastspielverträgen bis zu komplexen Koproduktionsverträgen. Wichtige Punkte sind:
Ich empfehle, Standardvorlagen zu nutzen und bei Unsicherheiten rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen – viele Verbände (z. B. Deutscher Bühnenverein) oder lokale Kulturbüros bieten dazu Informationen.
Publikum und Programmplanung
Kommunale Spielstätten haben oft treue Stammzuschauer, die an bestimmten Formaten interessiert sind; freie Gruppen bringen manchmal neue, jüngere Zielgruppen mit. Erfolgreiche Kooperationen nutzen beides:
Ein Haus, das bereit ist, die freie Gruppe aktiv ins Programm zu integrieren (z. B. durch Saisonheft, Vorspann oder Schülerkarten), erhöht die Chance auf gute Auslastung deutlich.
Gelingensbedingungen aus meiner Sicht
Aus den Gesprächen mit Künstlerinnen, Technikern und Intendanten habe ich einige wiederkehrende Erfolgsfaktoren gesammelt:
Tipps für freie Gruppen
Tipps für Spielstätten
| Frage | Freie Gruppe | Kommunale Spielstätte |
|---|---|---|
| Wer organisiert Technik? | Meistens eigene Ausrüstung / in Absprache | Stellt Standardtechnik, bietet Personal |
| Wer trägt das finanzielle Risiko? | Bei Gastspielen oft die Gruppe; bei Koproduktionen geteilt | Bei Koproduktionen häufig Co-Träger |
| Wie wird Publikum gewonnen? | Eigenes Netzwerk, Social Media | Haus-Logo, Saisonheft, lokale Presse |
Wenn Sie im Ruhrgebiet aktiv sind und nach Kooperationsmöglichkeiten suchen, lohnt sich ein Blick auf lokale Netzwerke und Förderprogramme. Gerne berichte ich in einem weiteren Beitrag über konkrete Fördermöglichkeiten und Adressen in der Region – oder ich vermittle Stimmen aus jüngsten Koproduktionen, die sehr aufschlussreich sind.