Warum eine Lesung an der Ruhraue — und warum unkonventionell?
Ich liebe Orte, die Geschichten tragen: alte Fabrikmauern, Boote am Flussufer, stillgelegte Bahnsteige. Eine Lesung mit lokalen Autorinnen an einem ungewöhnlichen Ort an der Ruhraue bringt beides zusammen — die Worte und den Raum. Solche Veranstaltungen schaffen Nähe, machen Kultur zugänglich und laden das Publikum ein, Literatur neu zu erleben. Wenn du selbst eine Lesung organisieren möchtest, gebe ich dir hier meine erprobten Schritte, Tipps und praktische Hinweise aus Erfahrung weiter.
Den richtigen Ort finden
Unkonventionelle Räume bieten Charme, aber auch Herausforderungen. Ich beginne mit einer Liste potenzieller Orte:
- ehemalige Industriehallen oder Lagerflächen
- ein stillgelegtes Schiff oder Boot am Ufer
- ein Hinterhof-Café mit Graffiti-Wänden
- ein Gemeinschaftsgarten oder ein kleiner Parkabschnitt
- Galerieräume, die abends leerstehen
Wichtig ist, dass der Ort eine Atmosphäre hat, die zur Literatur passt. Ich schaue mir die Akustik an, den Zugang (Barrierefreiheit!), Sanitärmöglichkeiten und die Nähe zu Park- oder ÖPNV-Anbindungen. Bei der Ruhraue sind oft Flächen mit Industriecharme zu finden — großartig für intime Lesungen, aber denke an Lärmschutz und Nachbarn.
Genehmigungen, Sicherheit und Versicherungen
Ein unkonventioneller Raum heißt häufig: keine Standardinfrastruktur. Deshalb kläre ich frühzeitig folgende Punkte:
- Genehmigung des Eigentümers: Schriftliche Zustimmung und Absprachen zu Öffnungszeiten und Haftung.
- Öffentliche Genehmigungen: Bei Veranstaltungen im öffentlichen Raum kann eine Anmeldung bei der Stadt nötig sein (z. B. Ordnungsamt, VersammlungsstättenVO).
- Versicherung: Eine Veranstalterhaftpflicht ist Pflicht. Ich prüfe, ob der Eigentümer bereits versichert ist oder ob ich kurzfristig versichern muss.
- Sicherheitskonzept: Fluchtwege, Ersthelfer, Brandschutz – gerade in alten Hallen sind diese Punkte wichtig.
Autorinnen auswählen und vertraglich absichern
Für eine lokale Lesungsreihe suche ich Autorinnen, deren Texte thematisch oder atmosphärisch zum Ort passen. Ich bevorzuge eine Mischung aus bekannten Namen und Newcomerinnen — das schafft Publikum und bietet Plattformen.
In der Praxis läuft das so ab:
- Erstkontakt per E-Mail oder Social Media, Anhang mit Konzept, Datumvorschlägen, Honorarangebot.
- Kurzes Vorgespräch (Telefon oder Zoom) zur Abstimmung von Textlänge, Technikbedarf und Anreise.
- Schriftlicher Vertrag oder zumindest eine Bestätigung mit: Datum, Uhrzeit, Honorar (oder Spesen), Länge des Auftritts, Verantwortung für Technik/Moderation, Foto- und Aufnahmeeinwilligung.
Programmaufbau: Länge, Moderation und Abwechslung
Ich plane Lesungen so, dass sie einem klaren Rhythmus folgen: Einstieg — Auswahl lesender Autorinnen — Gespräch — Bühne für Publikumsfragen. Ein Beispielablauf:
- Begrüßung & Kontext (5–10 Min.)
- 3 Autorinnen, jede liest 12–15 Minuten
- Kurze Pause / Umstellung (10 Min.)
- Podiumsgespräch mit Moderatorin (20–30 Min.)
- Signierstunde und lockeres Ausklingen
Als Moderatorin gebe ich einen Rahmen, stelle Fragen und ermögliche Dialog. Ich achte darauf, dass sich das Gespräch nicht in Fachjargon verliert — das Publikum soll mitgenommen werden.
Technik und Ausstattung
Auch in einem unkonventionellen Raum darf gute Technik nicht fehlen. Ich arbeite meist mit folgenden Basics:
- Ein oder zwei Shure SM58-Mikrofone (robust für Live-Settings)
- Kleines Mischpult (z. B. Yamaha MG-Series) und aktive Boxen (JBL oder QSC)
- Beleuchtung: Akkubetriebene LED-Panels für warme, fokussierte Beleuchtung
- Stabile Stühle oder Hocker, ein kleines Lesepult, Wassergläser
Ich teste die Technik unbedingt vor Ort bei Tageslicht und in der geplanten Abendbeleuchtung. Bei Wind oder Open-Air: windstabile Mikrofonabdeckung (Pop-Schutz/Deadcat) und ausreichende Lautstärke ohne Rückkopplung. Für Live-Streaming oder Aufnahmen empfehle ich einen einfachen Zoom-Recorder (z. B. Zoom H4n/H6).
Publikumsaufbau, Ticketing und Barrierefreiheit
Für eine gute Besucherzahl kombiniere ich folgende Kanäle:
- Event-Facebook und Instagram (Stories + Feed)
- Eintrag in lokale Veranstaltungskalender (Ruhrgebiet-spezifische Newsletter, Stadtmagazine)
- Flyer in Bibliotheken, Cafés und Kulturzentren
- Kooperationen mit Buchhandlungen — oft stellen sie Flyer aus und empfehlen die Lesung
Ticketing geht unkompliziert über Eventbrite, Reservix oder simple Vorabreservierung per E-Mail (z. B. kulturzentrum-ruhraue@...). Ich biete oft drei Preisstufen: ermäßigt, normal, pay-what-you-can, um Barrieren zu senken.
Barrierefreiheit ist für mich kein Afterthought: ebenerdiger Zugang, feste Sitzplätze für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen, Hörhilfen oder Einblendungen bei Bedarf – das kommuniziere ich bereits in der Veranstaltungsbeschreibung.
Buchverkauf und Signierstunde
Der direkte Verkauf vor Ort ist wichtig für Autorinnen. Ich organisiere meist:
- Kooperation mit einer lokalen Buchhandlung (sie bringt Exemplare, übernimmt Verkauf)
- Alternativ: Vorbestellte Exemplare sammeln und beim Einlass ausgeben
- Klare Abläufe für Signierzeiten, damit es nicht zu langen Warteschlangen kommt
Ich stelle einen kleinen Tisch mit Büchern, Preisschildern und einem Kartenlesegerät (z. B. SumUp oder iZettle) bereit — nicht jeder möchte bar zahlen.
Atmosphäre, Essen & Nachhaltigkeit
Die Atmosphäre macht den Unterschied. Ich nutze Kerzen (LED-Kerzen bei Brandschutzauflagen), Decken, Kissen oder Teppiche, um den Raum wohnlich zu machen. Getränke sind ein Plus: eine kleine Theke mit regionalem Apfelsaft, Kaffee oder Bier von lokalen Brauereien (z. B. eine Kooperation mit einer Mikrobrauerei aus dem Revier) schafft Verbundenheit.
Nachhaltigkeit ist mir wichtig: wiederverwendbares Geschirr, Mülltrennung und regionales Catering. Ich kommuniziere das in der Einladung — das trifft den Zeitgeist und reduziert Aufwand.
Dokumentation, Fotos und Nachbereitung
Ich dokumentiere jede Lesung: Fotos, kurze Video-Clips, Zitate für Social Media. Wichtig ist vorher eine Einverständniserklärung der Autorinnen für Fotos und ggf. Audioaufnahmen. Nach der Veranstaltung sende ich eine Dankesmail an alle Beteiligten mit Fotos, Pressetext und der Bitte um Feedback.
| Innerhalb von 24 Stunden | Fotos und kurzes Resümee auf Social Media posten |
| Innerhalb einer Woche | Kurzer Blogbeitrag auf kulturzentrum-ruhraue.de mit Fotos und Zitaten |
| Innerhalb eines Monats | Follow-up mit Publikumsfeedback und Planungen für Folgeformate |
Tipps aus meiner Praxis — kleine Fehler, die du vermeiden kannst
- Nicht zu spät mit der technischen Probe beginnen — ich komme mindestens 90 Minuten vorher.
- Keine langen Redepassagen ohne Interaktion — das Publikum verliert schnell die Aufmerksamkeit.
- Unterschätze die Logistik nicht: Müllentsorgung, Stromanschlüsse, Toiletten — das entscheidet oft über die Stimmung.
- Immer einen Plan B für schlechtes Wetter oder Lärm haben.
- Respektiere die Autorinnen in Zeit und Bezahlung — das schafft Vertrauen für Folgeprojekte.
Wenn du möchtest, unterstütze ich dich gern bei der Konzeption oder gebe Feedback zu deinem Raumvorschlag an der Ruhraue. Solche Projekte beleben die Region — und die besten Lesungen entstehen, wenn Text, Ort und Publikum miteinander ins Gespräch kommen.